Einhorn oder Controlling Monster?

Das Rechnungswesen, ein seltsames Wesen.

Karl Marx schrieb in seinem Werk das Kapital, dass die ursprüngliche Deutung von Geld als Mittel zum Zweck falsch sei, sondern das durch eine gewachsene Größe des Marktes Geld eine neue Position eingeht. Es wird zu Kapital, dass sich ins Zentrum stellt. Seine Formel war, dass aus W-G-W (Ware – Geld – Ware), G-W-G (Geld – Ware – Geld) wird.

So habe ich es zumindest, als „Vulgär Ökonom“, wie er Menschen wie mich spöttisch genannt hat, verstanden!

Zitat Marx: „Die Vulgärökonomie, die wirklich auch nichts gelernt hat, pocht hier, wie überall, auf den Schein gegen das Gesetz der Erscheinung. Sie glaubt im Gegensatz zu Spinoza, dass die Unwissenheit ein hinreichender Grund ist.“

Toller Satz eines Marxisten!

Nun ist man als Teilnehmer in einer Marktwirtschaft stets gezwungen Mehrwert zu erzeugen. Sich einzubringen und einen Beitrag zu leisten. Eine privilegierte Position für die, die über Kapital verfügen. Genügt es ihnen ja, ihre Investitionen stets nur als Vehikel anzusehen bis sie wieder aus-cashen. Und ob das nun in der Finanzindustrie oder in der Realwirtschaft passiert ist ja nicht ihr Problem, sondern das der Politik. Das sie diese korrumpieren wird gerne weggelassen.

G-W-G

Im Gegensatz dazu steht der, der ohne Kapital an dem Spiel teilnimmt. Der Mehrwert, der durch das kleine austauschbare W in dieser Formel erzeugt werden soll, stellt für ihn weit Größere Bedeutung dar als für den mit Kapital. Aus der Perspektive des kapitallosen ist dieses W weit mehr als nur Ware. Es ist sein Produkt. Ein Ausdruck seiner schöpferischen Kunst. Sein pro-Duktus wie ich es gerne nenne.

W-G-W

Die Ware ist der Grund, der Ursprung überhaupt warum es Geld gibt. Wie könnte es anders sein? Geld ist nur die Konsequenz aus Wertschöpfung, und Werte werden geschöpft durch Werke die in die Welt gebracht werden. Realwirtschaft ist das was man essen kann und woraus Häuser gebaut sind. Finanzindustrie ist nichts anderes als Diebstahl am gewöhnlichen Menschen, so wie Cum Ex Geschäfte zum Beispiel.

Und so treffen sich diese beiden Philosophien, jedes Mal wenn ein Entrepreneur mit einem Investor spricht. Der eine vertritt diese Seite und der andere die andere. Manchmal mehr und manchmal weniger. Und wenn beide sich darauf einigen können, dass mit dem W ein Mehrwert erzeugt werden kann, dann schauen sie gemeinsam auf den „financial forecast“.

Das Rechnungswesen, ein seltsames Wesen – Einhorn oder Controlling Monster?

Der Entrepreneur zeigt in seiner Kalkulation auf, wie die Umsätze schlagartig steigen, sobald ein Durchbruch erzielt ist. Wie ein Hokey-Stick sieht das dann als Grafik aus. Der Kapitalist weißt darauf hin, dass eine Gesamtkosten-Rechnung erstellt werden soll und daher schon Mal dieser gesamte anglo-amerikanische Ansatz falsch sei. Der eine nimmt seine Einschätzung aus den Erkenntnissen der Vergangenheit und der andere aus den Potenzialen der Zukunft. Der eine vergleicht das Risiko-Nutzen-Verhältnis mit dem Aktienmarkt als Alternative und der andere sieht nur sein Produkt als einzige Chance zum Erfolg.

Traue nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast, heißt ein schlaues Sprichwort. Und das trifft wohl auch stets auf jede Kalkulation zu. Zu viele Freunde und Bekannte habe ich die Controller sind, für jene das Morgen stets nur die lineare Fortführung von dem Gestern ist. Zu sehr verbrannt haben sich Aktionäre an Wirecard, als das man das Sprichwort verneinen könnte. Und spätestens Corona hat uns gezeigt, dass das Prognosepotential eher würfeln gleicht und das es exponentielles Wachstums in der Welt sehr wohl gibt.

Aber was war denn jetzt zuerst da? Die Henne oder das Ei? W-G-W oder G-W-G? Ist ein guter financial forecast eines Ventures nun ein Einhorn oder sollten ihm lieber die alten Hunde aus dem Controlling das bisschen Elfenbein abschneiden, dieses verwerten und den restlichen Esel zurück zum Pflügen aufs Feld schicken?

Nun, jedem Anfang liegt ein Zauber inne!

Freilich weiß keiner wie die Zukunft aussieht. Aber ich glaube etwas. Und wenn ich an etwas glaube, dann verleiht es mir Kraft. Kraft etwas zu bauen, etwas zu erschaffen. Ja, ich glaube, dass dieser Glaube viel mit der schöpferischen Kraft gemein hat!

Wenn sie an nichts glauben, dann brauchen sie sich auch nicht Fragen was mit ihrer Firmenkultur nicht stimmt. Mit ihrer Unternehmensphilosophie. Denn diese existiert gar nicht. Wer an nichts glaubt, kann auch niemanden begeistern oder inspirieren. Ihr Team, ihre Mitarbeiter werden auch an nichts glauben, das war wahrscheinlich sogar der Grund warum sie sie eingestellt haben. Eben weil sie keine andere Vorstellung vom Morgen haben, als das dieser so wie das Gestern sei.

Der Angel Investor unterscheidet sich von den restlichen Kapitalisten, weil er an etwas glaubt. Das Gesetz der Erscheinung, wie das Marx Zitat oben lautet. Der Business Angel glaubt daran, dass er dazu beitragen kann etwas in die Welt zu bringen und das diese hinterher anders sei als vorher. Aber ob das so kommt, daran kann man eben nur glauben, oder eben nicht.